In ihrem Ursprung war die Autobahn nicht zwingend die kürzeste Verbindung zwischen zwei Orten. Der „Parkway“ führte Anfang des 20. Jahrhunderts als Ausflugsstraße durch die amerikanischen Weiten, um sie als Landschaft zu generieren und diese dem Fahrer in einem Quantensprung als überdimensionalen Park zu verkaufen. Die Straße, auf der man sich ungestört durch Lastwagen, Fußgänger oder Fahrräder ganz dem motorisierten Schauen widmen konnte, ist Ausdruck einer omnipotenten Naturaneignung. Wo in der Stadt Natur durch ihre Einschließung in der Metropole in Gärten, Parks und Zoos ausgestellt wird, verkehrt der Parkway die gesamte Natur in einen Landschaftspark megalomanischer Größenordnung. Mehr als alles andere ist er damit der dreiste wie clevere Versuch, das Natürliche im großen Stil der domestizierenden Hand des Menschen unterzuordnen. Die unbeherrschbare Fläche der Länder und Kontinente wird mit dem Parkway im Handstreich genommen und zum menschlichen Unterhaltungsprogramm skaliert. Indem die Autobahn auch in Europa das Fahren weiter erleichtert, öffnet sie den Weg zur Wahrnehmung der Landschaft als ein choreografiertes Ereignis, durch das sich der Mensch auf sanft geschwungenen Wegen gleich dem Flaneur im Park bewegt. Sie mäandert entlang einer subtilen Choreografie von Sehenswürdigkeiten durch das zu erschließende Terrain. Das Auto wird dabei zum großen Glas, zur fahrenden Vitrine, das die gesamte Umgebung musealisiert. Die symptomatische Isolierung des Fahrers von seinem Kontext in der mobilen, künstlich klimatisierten sowie individuell beschallten Kapsel gilt als kongeniales Pendant zur Vitrine, zum Museum, zum Diorama, das die Atmosphären und Klimata trennt und den Um- bzw. Innenraum als Bild, als visuell flaches Ereignis und Modell seiner selbst konstituiert. Wo das Modell im Museum die getrennten Welten skaliert, besorgt das Automobil die Maßstabsverschiebung mit der Geschwindigkeit. In ihrem Rausch kondensiert die Landschaft im Verlust der Details zu kulissenhaften Zeichen bildhafter Zweidimensionalität an der Horizontlinie des Highways. Sie verschmilzt zu einem durch die Handlungen des Fahrers fragmentierten Bildraum, zu einem Film, dessen Plot Natur und Landschaft als domestiziertes Ereignis konsumierbarer Schönheit generiert. In diesem Sinne ist Rita McBrides Arbeit „Delicate Arch“ in ihrer einfachen Form ein profunder wie schweigsamer Kommunikator der komplexen Wechselwirkung zwischen Display, Straße, Fahrer und Landschaft. Ihr monumentales „Billboard“ zeigt die Umrisse einer aus den USA importierten Gesteinsformation, die sich gleich einem großen Schatten gegen den Himmel abzeichnet. Im Export der Form verklärt sich der in den USA allseits bekannte Schattenriss zum abstrakten Monument, zur Ankündigung einer natürlichen Gesteinsformation in einer monumentalen Kulturlandschaft Ruhr, die keine Naturlandschaft mehr kennt.McBride reproduziert die Synthetisierung von Natur zum flachen Bild der Landschaft als Werbeträger für sich selbst durch die Sprache des Parkways. Im Billboard wird „Delicate Arch“ zur Landschaft, zum Werbeträger und Denkmal einer Abwesenheit, die sich selbst monumental ankündigt. Umkreist von den Fahrspuren der Autobahn inszeniert sie ihr eigenes Verschwinden im Reigen der Trucks und der Pkws, die sich endlos um sie drehen. Als dunkler Schatten verfolgt sie die Fahrer in den verwundenen Fly-overs, Brücken und Richtungswechseln des Autobahnkreuzes Kaiserberg, um stetig kurz und unvermittelt in ihrem Film aufzutauchen, im Beifahrerfenster, knapp links über dem Außenspiegel, dann rechts vor der Windschutzscheibe oder überraschend im Rückspiegel als eine sich langsam entfernende Erinnerung einer Natur, die es weit vor der Landschaft gab.