Ausstellung 2010
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Ausstellung 2014

     

Autokino Dückerweg

Mein bislang erster und einziger Besuch in einem Autokino fand im zarten Alter von 18 Jahren statt. Durch Zufall verschlug es mich an einem schlecht geplanten Abend nach Bochum ins Autokino Wattenscheid. Das denkwürdige Ereignis, bei dem ich und ein alter Freund in einem Opel Kadett mit defektem Scheibenwischermotor einen namenlosen Film – freigegeben ab 18 Jahren – sahen, hatte nachhaltige Wirkung. Im Privatraum des eigenen Wagens im öffentlichen Raum der Stadt neben unsichtbaren Nachbarn an den Versorgungsschläuchen von Lautsprecher und Heizung hängend, einen Film zu sehen, der die Intimität zweier Menschen, die zudem nur beruflich miteinander zu tun haben, in die Unwirklichkeit dieses Ortes projiziert, um sich direkt nebenan im realen Raum des fremden Fahrzeugs mutmaßlich zu reproduzieren, hat Kapazität.

Wenn Foucault in seinem kurzen Text zu „Anderen Räumen“ vom Grundsatz spricht, dass die Heterotopie es vermag, „mehrere Platzierungen zusammenzulegen, die an sich unvereinbar sind“ und dann das Theater zitiert, das „auf dem Viereck der Bühne eine ganze Reihe von einander fremden Orten aufeinander folgen“ lässt, hört man das potenzierte Echo des Autokinos. Wenn er dann von diesen Räumen als Heterotopien behauptet, sie seien „wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können“, begreift man die Bedeutung einer solchen Typologie für die Stadt. Und ihre Parallele zu den Orten entlang. der A40, von denen wir sprechen, ihren komplexen Zusammenlegungen, Überlagerungen und Widersprüchlichkeiten, die sich im Sinne der Heterotopien an diesen vereinen. Das Autokino als Repräsentant einer Systematik der Heterotopien und einfach als Ort, um Filme zu sehen, feierte am Dückerweg zur Ausstellung eine kurze Auferstehung, unweit der Stelle, an der bis vor kurzem das Autokino Wattenscheid stand. Nur 400 Meter von hier ereignete sich vor knapp 30 Jahren das Szenario im Kadett und wiederholte sich nun fast im Hier und Jetzt. Das Autokino, das 2010 seinen fünfzigsten Geburtstag feiert und vom Aussterben bedroht ist, erfuhr in der Ausstellung eine kurze Renaissance.

Mit der acht mal sechs Meter stattlichen Leinwand und einem über das Autoradio eingespielten Sound kann es zwar infrastrukturell mit seinem großen Vorbild nicht mithalten, lieferte aber den Gästen wie den Tunern den exotischen Filmgenuss in bester Qualität und frei Haus. Dass die Autoszene dabei mit Weekend von Jean-Luc Godard konfrontiert wurde (und sich tatsächlich damit konfrontierte!) und das Kulturpublikum mit The Fast and the Furious, war wichtig. Das Kino war als Vermittler zwischen den Welten die richtige Wahl und stets bestens besucht. Jeden Freitag rollten die Wagen vor, drehten sich die Klappstühle gen Leinwand, öffneten sich die Autotüren, um den Open-Air-Gästen und Motorradfahrern Sound zu spenden. Ein illusteres Miteinander der Kulturen auf dem Parkplatz am Dückerweg folgte dem gemischten Programm.