Ausstellung 2010
Konzept
Themen
Orte
KÜnstler
Atelier Van Lieshout
Arpad Dobriban
Autokino Dückerweg
Finger
Jeanne van Heeswijk
Christian Odzuck
orange.edge
Rita McBride
Martin Pfeifle
Peter Piller
Thomas Rentmeister
Christoph Schäfer
Boris Sieverts
Wanderweg
Andreas Wegner

Programm
A40 Spezial
Texte
Presse | Medien
Publikation
Auszeichnung
Team
Kontakt
Links
Ausstellung 2014

     

Christian Odzuck
MAGISTRALE RRZ HEGÉMON FRAGIL

Schön sind sie nicht. Oft stören sie sogar. Ihr Bau ist fast immer mit Konflikten verbunden. Dennoch sind Autobahnen ein notwendiger Teil der modernen Stadt. Wer die räumliche Situation verbessern will, muss lernen, mit der Autobahn als Stadtraum umzugehen. Schon durch kleinere Maßnahmen kann dafür gesorgt werden, dass der Verkehrsalltag der Menschen erträglicher gestaltet wird. Wer dann noch etwas weiter blickt, erkennt, dass in der großen Straße auch eine große Aufgabe schlummert: Über einzelne Stadtgrenzen und Zuständigkeiten hinweg kann man der Region ein Gesicht geben. Dafür haben die Anrainerstädte zusammen mit dem Straßenbaulastträger das Gestalthandbuch A40|B1 erarbeitet.
Die A40|B1 verbindet die Kernstädte des Ruhrgebiets zu einem Raum. Entlang der Autobahn wird der Strukturwandel der Region sichtbar. Auf einer fast 100 Kilometer langen Strecke kann sich das Ruhrgebiet präsentieren – zum Beispiel mit interessanten Stadtkulissen, neuen Technologieparks und national bedeutenden Universitätsstandorten.
Das Gestalthandbuch A40|B1 besteht im Kern aus sieben Grundregeln. In diesen Regeln sind stadt- und verkehrsplanerische sowie betriebswirtschaftliche Belange zur Synthese gebracht worden. Dadurch erleichtert das Handbuch die Arbeit in der verkehrsplanerischen Praxis. Die Grundregeln sorgen dafür, dass zukünftige Um-, Ausbau- und Pflegemaßnahmen mit gestalterischen Aspekten verknüpft werden. Das, was in den kommenden Jahren neu in die Straße investiert wird, soll etwas stadtverträglicher und schöner gemacht werden.
So haben sich die Beteiligten beispielsweise darauf geeinigt, dass bei zukünftigen Pflanzmaßnahmen immer die gleiche Baumart im Vordergrund der Straße verwendet wird, sodass im Laufe der Zeit über die Stadtgrenzen hinweg eine von Moers bis Unna durchgängige Allee entsteht. Als Baumart wurde die Säuleneiche ausgewählt – ein Baum, der hin- reichend industriehart ist und gleichzeitig durch seinen schlanken Habitus auch bei dem oft geringen Platzangebot der A40 gepflanzt werden kann. Für die zukünftigen Lärmschutzwände wurde Grün als Grundton festgelegt. Der helle Ton der Wände steht im Kontrast zum dunklen Grün der Eichenblätter, sodass der Alleebaum dadurch besser zur Geltung kommt. Gleichzeitig werden die Lärmschutzwände an bestimmten Stellen farbig gestaltet, um auf be-sondere Stadträume hinzuweisen oder um in monotonen Streckenabschnitten für etwas Abwechslung zu sorgen. Anschlussstellen als Übergänge vom Straßenin den Stadtraum werden rot markiert. Auf der Anwohnerseite werden die Lärmschutzwände grundsätzlich begrünt. Auch straßenseitig werden die Wohngebiete durch einen dichten Gehölzbestand von der A40 abgeschirmt. Repräsentative Stadträume dagegen werden durch einen offen gestalteten Straßenrandbe- reich – teils mit tranparenten Lärmschutzwänden – sichbargemacht. Landschaftsfenster öffnen den Blick in angrenzende Freiräume. Als besonderes Gestaltungselement erzählen kurze Texte an ausgewählten Brücken von den Eigenheiten der Städte. Unter dem Titel „Ich bin einer von wir“ wird beschrieben, was die Menschen mit ihrer Region verbindet: das viele Grün, der gute Fußball oder die geografisch zentrale Position mitten in Europa. Die Straße wird so zur Bühne der Metropolregion Ruhr.
Das Gestalthandbuch A40|B1 setzt einen Rahmen, der die Strecke als Einheit erfahrbar macht. Gleichzeitig öffnet es Gestaltungsspielräume, um auf lokale Besonderheiten reagieren zu können. Das von Straßen.NRW durchgeführte Projekt „Barcode A40“ ist ein Beispiel dafür, wie dieser Rahmen ausgefüllt werden kann. Hier waren die Menschen der Region und die Pendler der Straße aufgefordert, durch bunte Farbstreifen auf einer Lärmschutzwand eine Geschichte zur Region oder zum Verkehrsraum zu erzählen. Das Projekt wurde als Teil des deutschen Beitrags auf der Architektur Biennale in São Paulo präsentiert. Auch der renommierte Art Directors Club hat das Projekt 2010 als gelungenes Beispiel für Kommunikation im öffentlichen Raum ausgezeichnet.
Mit dem Handbuch zeigen die Kommunen, wie man auch großmaßstäbliche Verkehrsräume wieder in die Stadt re-integrieren kann. Der Verkehrsraum bekommt eine besondere Bedeutung. Die Straße wird als öffentlicher Raum zurückerobert und dabei wird die Gestaltung gleichzeitig als verkehrspsychologisches Instrument genutzt.
Die Gestaltung von Autobahnen ist eine neue, vielleicht nicht in allen Städten und Landstrichen offensichtliche Aufgabe. Dass man sich im Ruhrgebiet seit einigen Jahren intensiv mit den vielen Autobahnen der Region beschäftigt, verweist auch darauf, dass das Ruhrgebiet nun mal anders ist.
Und das wird gut so.